Verband für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern e.V.
Die Organisation für Aus-, Fort- und Weiterbildung im Agrarbereich
Die dreitägige vlf-Bundestagung, im Kloster Schöntal in Baden-Württemberg, mit Tagesexkursion zu Betrieben im Hohenlohekreis stand unter dem Motto „Landwirtschaft zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung“. Im Rahmen der Bundestagung wurde die Theodor Hensen-Medaille an Rolf Brauch verliehen.
Rolf Brauch wurde von vlf-Präsident Johann Biener (3. und 4. v. l.) die Theodor Hensen-Medaille überreicht. Umrahmt wurde die Medaillenverleihung (v. l.) von Gerald Dohme vom Deutschen Bauernverband und dem hessischen vlf-Vorsitzenden Jürgen Dexheimer und (r.) von Baden-Württembergs vlf-Vorsitzendem Stefan Käppeler und vlf-Vizepräsidentin Brigitte Engemann. Foto: Gerhard Bernauer
Theodor Hensen - Medaille geht an Rolf Brauch
In Anerkennung seiner besonderen und langjährigen Verdienste um die Förderung und den Erhalt der ländlichen Erwachsenenbildung ehrt der Bundesverband landwirtschaftlicher Fachbildung (vlf) Rolf Brauch mit der Theodor Hensen - Medaille. Die Medaille erinnert an den vlf-Gründungsvorsitzenden. Rolf Brauch war Schulleiter der Heimvolkshochschule Neckarelz. Als Regionalbeauftragter für Nordbaden wechselte er im Jahr 2004 zum Kirchlichen Dienst auf dem Lande. Hier war er für die fachliche und seelsorgerischer Betreuung der bäuerlichen Familien zuständig. Darüber hinaus engagierte sich Brauch in weiteren Hilfsorganisationen, wie zum Beispiel Pro Care, der Betriebs- und Haushaltshilfe in Nordbaden. Überregional bekannt wurde Brauch durch seine zahlreichen Fachartikel unter anderem in BWagrar und seine Buchveröffentlichung zum landwirtschaftlichen Familienbetrieb. Popularität erlangte er, wie vlf-Präsident Johann Biener in seiner Laudatio bei der Bundesversammlung des Verbandes in Schöntal betonte, vor allem durch seine Vorträge zu agrarpolitischen, agrarsozialen und psychologischen Themen. Hierbei vertrat er seine Positionen stets „spritzig, mitunter provozierend aber immer konstruktiv“. Brauchs Verdienste würdigte der Landesbauernverband im Jahr 2022 mit der Silbernen Ähre.
Bildung und speziell Persönlichkeitsbildung ist für junge Menschen der wichtigste Faktor, um ihren Weg in die Zukunft zu gehen im Sinne von Lebensqualität und ökonomischem Erfolg. Als Voraussetzung dafür nannte Brauch in seinen Dankesworten die „Humusbildung“ in der Landwirtschaft mit stabilen und vertrauensvollen Beziehungen in den Familien und zwischen den Generationen.
Zur diesjährige Bundestagung des Verbandes landwirtschaftlicher Fachbildung (VLF) hat der baden-württembergische Landesverband in das Bildungshaus Kloster Schöntal eingeladen. Foto: Gerhard Bernauer
Zur Bundestagung des Verbandes landwirtschaftlicher Fachbildung (vlf) begrüßte Baden-Württembergs Vorsitzender Stefan Käppeler die Teilnehmer der vlf-Landesverbände im Bildungshaus Kloster Schöntal. Das Kloster bezeichnete Käppeler in seiner Eröffnungsrede als Symbol für Tradition und Fortschritt. Die dreitägige vlf-Bundestagung mit Tagesexkursion zu Betrieben im Hohenlohekreis stand unter dem Motto „Landwirtschaft zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung“.
K-Respekt fürs Tier
Das Qualitätsfleischprogramm „K-Respekt fürs Tier“ der Lebensmitteleinzelhandelskette Kaufland stellte der zuständige Experte für landwirtschaftliche Prozesse und Nachhaltigkeit Dr. Clemens Dirscherl vor. Zu Kaufland Deutschland gehören 84.000 Mitarbeitern in 750 Filialen, sieben Logistikzentren und vier Fleischbetriebe. Aus Tradition verkauft Kaufland seit 1964 Fleisch aus eigener Herstellung. Heute werden rund 400 Tonnen am Tag verarbeitet und 500.000 Wiener Würstchen werden täglich in Heilbronn hergestellt. Seit 2018 führt Kaufland „Wertschätze“ als Eigenmarke und verkauft bundesweit in seinen Filialen aus Haltungsform 3 (HF 3). Heute hat laut Dirscherl das Wertschätze-Fleisch bei Kaufland einen Anteil in der Menge von 20 Prozent und von 25 Prozent beim Preis. Es wird über 268 Frischetheken und im SB-Angebot verkauft. Inzwischen wird auch Wurst aus HF 3 als SB-Ware angeboten.
Tierwohl und Regionalität im Lebensmittelhandel
Mit seinem Tierwohlprogramm will Kaufland seine Wertschätzung gegenüber dem Produkt Fleisch zum Ausdruck bringen und dem Wunsch der Verbraucher nach mehr Tierwohl in der Fleischerzeugung nachkommen. Hier bewege man sich im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Machbarkeit, erklärte Dirscherl. Kaufland macht dies in der Schweinehaltung an folgenden Kriterien fest: 40 Prozent mehr Platzbedarf als gesetzlich vorgeschrieben, Ställe mit offenen Fronten und/oder Auslauf, Stroh zur ständigen Verfügung sowie Beschäftigungsmaterialeien wie Holz oder Sisal. Im Gegenzug gehört für Dirscherl eine faire Vergütung für die erbrachte Leistung der Vertragslandwirte dazu. Kaufland zahlt 28 Euro/Schwein, einen Strohbonus von drei Euro bei flächendeckender/automatischer Einstreu oder Tiefstreu und hat seit 2021 eine Mindestnotierung 1,40 Euro festgesetzt. Die Vertragslaufzeit liegt zwischen einem und fünf Jahren und ist laut Dirscherl bei allen Beteiligten verlängert worden.
Viele Verbraucher legen auf die Herkunft und Regionalität der Ware großen Wert. Zum Kaufland-Tierwohlprogramm Wertschätze im Schweinebereich zählen aktuell im Juni 2024 99 Landwirte mit 107 Betrieben. Die durchschnittliche Zahl der Mastplätze liegt bei 746 und reicht von 84 bis 2500. Die Entfernung zum nächstgelegenen Schlachthof liegt im Schnitt bei 76 km.
Wertschöpfung durch Zusammenarbeit
Die Wertschöpfung durch Zusammenarbeit war das Thema von Gerd Schonder. Er ist Geschäftsführer der BG Neuhof, die im Jahr 2002 als Betriebsgemeinschaft (BG) für den Ackerbau von drei Gesellschaftern mit drei Betrieben und 420 ha gegründet worden ist. Zentrale Hofstelle ist der Neuhof in der Gemeinde Schöntal. Heute gehören zur BG Neuhof 14 Gesellschafter an 19 Standorten mit 2700 ha. 90 Prozent der Flächen stammen von Gutsbetrieben. Die Standorte liegen in einem Bereich von 130 km in Nord/Süd-Richtung und von 72 km in Ost/West-Ausdehnung. Im Ackerbau erfolgt die Vollfusion der ehemals selbständigen Betriebe. Lediglich die Restbetrieb bleiben in Verantwortung der Gesellschafter. Aller Arbeiten werden in Eigenmechanisierung oder von den Gesellschaftern erledigt, wie zum Beispiel die Gülleausbringung. Das Roden der Zuckerrüben und Maishäckseln erfolgt mit Maschinengemeinschaften. Eine Wertschöpfung durch Kooperation sieht Schonder auch darin, dass der Bezug zur Landwirtschaft über die Generationen hinaus erhalten bleibt. Zusammenarbeit bietet die Chance, wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, weil es Degressionseffekte und Möglichkeiten zur Kostenoptimierung und zur Nutzung des technischen Fortschritts gibt.
Zum Thema Wertschöpfung durch Wertschätzung ging der Ackerbau-Profi auf das von der BG Neuhof im Jahr 2016 begonnene Markenprogramm „Blütenkorn“ ein. Damit verbunden ist die Idee, Getreide sicher, nachhaltig, hochwertig mit sichtbarem Mehrwert für Mensch und Natur zu produzieren und an regionale Bäckereien und seit 2018 an REWE Südwest zu vermarkten Auf fünf Prozent der Getreide-Anbaufläche werden im Abstand von 30 Meter zwei Meter breite Blühstreifen eingesät, die von Juni bis August den Insekten und Bienen als Blütentracht zur Verfügung standen. Mit dem Projekt unter dem QS-Label soll regionaler Anbau und Verarbeitung gestärkt werden. Der Anbau erfolgt in eine ganzheitlichen System mit reduziertem Pflanzenschutz und Verzicht auf Insektizide.
Keine Wertschöpfung ohne Wertschätzung
Nach Corona, Ukrainekrieg und Inflation zieht Schonder allerdings die ernüchternde Bilanz, dass heute die Stimmung eine andere ist als vor sechs Jahren und das Projekt seinen Zenit überschritten hat. „In einem Brötchen ist herkömmliches Mehl mit eine Wert von vier Cent enthalten. Mit Blütenkorn-Mehl sind es 5,5 Cent“, rechnet Schonder vor. Wenn der Absatz laufen soll, brauche es jemand, dem das Brötchen dieser Preis wert ist. Zur Wertschätzung der Gesellschaft gegenüber der Landwirtschaft stellt er eine tiefe Entfremdung fest. Mit den eigenen Arbeitskräften stoßen die Familienbetriebe mehr und mehr an ihre Grenzen, sagt Schonder voraus. Weil Arbeitskräfte in der Landwirtschaft aber nur schwer zu finde sind, zählt er neben dem Standort die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern zu den beiden Haupterfolgsfaktoren für den Betrieb
Wertschöpfung durch KI in der Bildung
Bereits seit Jahre ist die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG) Heidelberg in der digitalen Bildungsarbeit unterwegs. Als nächster Schritt folgt der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), die das E-Learning auf das nächste Level heben wird, berichtet Alexander Prell von der LVG. Als nützliche Beispiele für die Ausbildung nannte er die Möglichkeit zu virtuellen Rundgängen durch die Gewächshäuser auch außerhalb der Vegetationszeiten oder das gefahrlose Motorsägen-Training mit Hilfe von virtueller Realität (VR). Chatbots für den Fachschulunterricht werden aktuell in einem weiteren Projekt entwickelt. Ähnliche Wege in der Nutzung von KI geht die Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg. Zu den jüngsten Projekten zählt der von Dr. Dieter Blankenhorn vorgestellte „digitale Weinberg“. Gemeinsam mit weiteren Projektbeteiligten von den Hochschulen und aus der Wirtschaft sollen die Möglichkeiten erforscht werden, wo und wie KI als Software den Weinbau sinnvoll unterstützen kann.
Gerhard Bernauer