Verband für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern e.V.
Die Organisation für Aus-, Fort- und Weiterbildung im Agrarbereich
„High Protein“ – ein Trend, der uns im Supermarkt ebenso begegnet wie in den sozialen Netzwerken. Oft kritisch betrachtet, lenkt er dennoch die Aufmerksamkeit auf einen essenziellen Bestandteil unserer Ernährung: Protein. Laut der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen (FAO) wird der weltweite Proteinbedarf bis 2050 um 75 % steigen – bedingt durch das Wachstum der Weltbevölkerung. Derzeit beziehen wir rund 27 % unserer Proteine aus Milchprodukten, 27 % aus Fleischprodukten, der Rest stammt überwiegend aus pflanzlichen Quellen. Noch besteht global kein Proteinmangel. Doch angesichts knapper Ressourcen wie Land und Wasser sowie einer wachsenden Bevölkerung ist es notwendig, nachhaltige, alternative Proteinquellen zu erforschen. In der Online Vortragsreihe des VLM und vlf Bayern „Hauswirtschaft im Trend“ referierte Kathrin Sedlmaier vom Kompetenzzentrum für Ernährung über das Thema „Alternative Proteinquellen“.
Können alternative Proteine unsere Ernährung nachhaltig verändern? Und haben Sie einen Einfluss auf unsere zukünftige Landwirtschaft?
Zu den wichtigsten alternativen Proteinquellen zählen:
Mykoproteine (aus essbaren Schimmel- und Ständerpilzen), Mikroorganismen (z. B. Bakterien aus Fermentation),Mikro- und Makroalgen, Insekten, sowie In-vitro-Fleisch.
Allen gemein ist: Sie können landunabhängig und meist industriell hergestellt werden.
Mykoproteine benötigen beispielsweise lediglich Kohlenstoff zum Wachsen – kein Licht – und bieten eine Proteinqualität, die der von Milch ähnelt.
Mikrobenproteine, durch Fermentation gewonnen, enthalten bis zu 70 % Eiweiß. Ein Berliner Start-up etwa arbeitet daran, mittels Mikroben naturidentische Milchproteine wie Kasein und Molkenprotein herzustellen – ganz ohne Kühe.
Doch wie klimafreundlich sind diese neuen Proteine?
In-vitro-Fleisch, also Fleisch aus Zellkulturen, basiert auf tierischen Stammzellen, die im Labor vervielfältigt werden. Die technische Umsetzung ist jedoch noch begrenzt, da die Zellen nur eine begrenzte Zeit effizient wachsen. Bislang sind solche Produkte nur als Hybride im asiatischen Markt erhältlich. Die Klimabilanz dieser und anderer alternativer Produkte hängt stark vom Energieeinsatz (z. B. durch grünen Strom) ab. Außerdem wird in Umweltvergleichen oft außer Acht gelassen, dass etwa Rinder häufig keine Nahrungskonkurrenz darstellen und Nebenprodukte der Landwirtschaft genutzt werden könnten. Generell sind die Umweltwirkungen alternativer Proteine bisher nur unzureichend erforscht.
Auch gesundheitlich gibt es offene Fragen:
Viele alternative Produkte sind hochverarbeitet, enthalten Zusatzstoffe, sind teuer in der Herstellung und können allergenes Potenzial bergen. Gleichzeitig bieten sie Vorteile wie einen hohen Proteingehalt bei teils geringerem Fettanteil. Gerade junge Menschen zeigen großes Interesse an diesen Produkten – aus Neugier, aus Überzeugung für Tierwohl, Klima- und Umweltschutz sowie aus gesundheitlichen Gründen.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich:
Aktuell stellen alternative Proteine noch keine direkte Konkurrenz zur heimischen Landwirtschaft dar. Dennoch ist es entscheidend, sich frühzeitig mit den gesundheitlichen Chancen und Risiken auseinanderzusetzen. Deutschland und Europa sollten sich aktiv an der Forschung beteiligen – oder sogar als Vorreiter auftreten.
Ziel sollte eine Vielfalt an Proteinquellen sein, um die Versorgung langfristig sicherzustellen.
Die Veränderung kommt – die Frage ist, wie wir sie gestalten.
Frühzeitige Kooperationen, etwa durch die Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe zur Herstellung alternativer Proteine, sind wichtige Schritte in die Zukunft. Es geht nicht um ein „Entweder-Oder“, sondern um ein „Sowohl-als-auch“ – denn der eigentliche Trend ist: Neugier.